Nun, wenn man ehrlich ist, ist das Blühen, Summen und Flattern auf den erzgebirgischen Wiesen und nicht nur hier recht überschaubar geworden. Neben den durch zu intensive Bewirtschaftung beeinträchtigten landwirtschaftlicher Flächen, die vor floristischer Monotonie nur so strotzen, hält sich selbst auf extensiv bewirtschafteten, floristisch durchaus ansehnlichen Beständen, die Insektenvielfalt in erstaunlich engen Grenzen, von Amphibien und Vögeln ganz zu schweigen. Auch an diesen Flächen sind die Entwicklungen in der Agrarwirtschaft nicht spurlos vorübergegangen. Und immer noch kommen wertvolle Flächen „unter den Hammer“. Traurigstes Beispiel aus jüngster Vergangenheit: Einer der „Bergwiesen-Stars“ des Westerzgebirges in Oberjugel. Noch vor wenigen Jahren Gewinner des Bergwiesenwettbewerbes des Landschaftspflegeverbandes sind nach dem Tod des ehemaligen Bewirtschafters und dem daraus resultierenden Eigentümerwechsel mittlerweile die einstigen fast unzähligen Orchideen und Co. durch eine Baumaßnahme 2020 komplett in den Baulöchern verschwunden. Den unwiederbringlichen Verlust führen uns die Fotos schmerzhaft vor Augen. Eigentlich fast nicht zu glauben und doch Realität. Wir vermuten, der alte Herr aus Oberjugel, der diese Wiese über viele Jahrzehnte gepflegt und gehütet hat wie seinen Augapfel, hat sich nicht nur einmal im Grabe umgedreht. So viel zum Thema Traditionspflege im Erzgebirge.
Natürlich gibt es erfreulicherweise auch zunehmend mehr Bemühungen, diesen leider immer noch ungebrochenen Trend von der Vielfalt zur Monotonie zumindest abzumildern. Dazu gehört auch die Initiative „Sachsen blüht“, bei der für geeignete Flächen kostenloses Saatgut für blütenbunte Wiesen zur Verfügung gestellt wird. Wenn man allerdings vor solch hübschen Baulöchern wie in Oberjugel steht, fühlt man sich, ob man will oder nicht, unweigerlich an Don Quijotes aussichtslosen Kampf gegen Windmühlen erinnert.
Matthias Scheffler