Das Imkern

Imkern am Bienenhaus in der Naturherberge Affalter, Foto: Matthias Scheffler

Die Honigernte existiert seit Tausenden von Jahren. Im Mittelalter waren die sogenannten „Zeidler“ dafür verantwortlich. Diese schnitten Honigwaben aus den Behausungen (Beuten) von wilden Bienenvölkern in künstlichen Höhlen in alten Bäumen – die Honiggewinnung stand im Vordergrund, der Fortbestand des Bienenvolkes war zweitrangig. Und wenn wir ehrlich wären, würden wir das nicht als Honigernte, sondern als Honigklau bezeichnen. Denn für die Bienen ist der Honig ja der überlebenswichtige Futtervorrat zum Überstehen der langen, kalten und blütenlosen Zeit. Sie sammeln ja nicht aus Nettigkeit und uns zu Gefallen. Im 18. und 19. Jahrhundert entstand die Imkerei und der Fortbestand der Bienenvölker stand nun mit im Fokus. Seitdem geht es gesitteter zu und der Imker bringt – sozusagen als Gegengabe für den gestohlenen Honig – seine Bienen mittels Zuckerwasser über den Winter. 1853 wurden die Holzrähmchen erfunden und die Herstellung von künstlichen Beuten als Behausung des Bienenvolkes war nun zum Kinderspiel geworden. Heute findet neben der Honig- und Wachsgewinnung auch die Bestäubung der Nutz- und Kulturpflanzen durch die Bienen mehr Beachtung, denn sie tragen neben anderen Insekten dadurch maßgeblich zur Nahrungsmittelgewinnung bei.
Die Honigbiene kann man als das kleinste Nutztier des Menschen bezeichnen und der Imker ist damit sozusagen eine Art „Bauer“. Und genau wie in der Landwirtschaft ist der Umgang der Imker mit ihren Schützlingen sehr unterschiedlich. Angesichts des bei uns recht hohen Anteils an Hobby-Imkern kann man durchaus häufig von Harmonie mit der Natur ausgehen. Es gibt aber auch Formen der industriellen Imkerei, bei denen davon keine Rede sein kann.

Die Imkerei steht im engen Zusammenhang mit der Landschaft, in der sie ausgeübt wird. Die Art der Landschaft und ihr Zustand schlägt sich fast unmittelbar – so direkt wie bei wenigen anderen Lebensmitteln – in Menge, Inhalt und Geschmack des Honigs nieder. Die Entwicklung eines Bienenvolkes, der Ertrag an Honig und seine Zusammensetzung sind stark von der Entwicklung des Trachtangebotes – Tracht, abgeleitet von tragen, meint das gesamte Angebot von Pollen, Nektar und Honigtau und stellt die Ernährungsgrundlage für das Bienenvolk dar – und dies wiederum von der Witterung abhängig. Man unterscheidet deshalb auch Frühtrachtgebiete wie Tiefebenen und Spättrachtgebiete, beispielsweise Mittelgebirgsregionen. Folgerichtig gibt es nun wiederum für die jeweilige Landschaft besonders geeignete Bienenrassen wie die Frühtrachtbiene carnica (Kärtner Biene) oder die sich später entwickelnde mellifera (Dunkle Honigbiene). Es gibt also nicht nur Rinder- oder Schweine-, sondern auch Bienenzucht.

Zu einem Bienenvolk gehören 40.000 bis 80.000 Bienen – darunter Tausende weibliche Arbeiterinnen, mehrere Hundert männliche Drohnen und eine Bienenkönigin, manchmal auch Stockmutter oder Weisel genannt. Sie ist das einzige geschlechtsreife weibliche Tier im Honigbienenvolk. Sie legt die Eier und steuert das Stockleben mit Duftstoffen. So beeinflusst sie beispielsweise die Hemmung der Geschlechtlichkeit von Arbeiterinnen, welche aus befruchteten Eiern schlüpfen. Diese übernehmen wichtige Aufgaben wie Putzen, Wabenbau, Heizen, Belüften und Sammeln von Nektar und Pollen. Drohnen schlüpfen aus unbefruchteten Eiern und haben die einzige Aufgabe, die Königin beim Hochzeitsflug zu begatten. Dabei lockt die Königin bis zu 20.000 Drohnen auf einen Drohnensammelplatz, jedoch paart sie sich tatsächlich nur mit zehn bis fünfzehn. Danach sterben die Drohnen. Bienenköniginnen paaren sich nur einmal im Leben und bewahren die Spermien lebenslang in einer Samenblase. Aber auch eine Bienenkönigin hat nicht das ewige Leben und auch ein Bienenvolk muss für Nachwuchs sorgen und sich verjüngen. Wenn es stark anwächst und die Futtergrundlage gut ist, legen die Arbeiterinnen sogenannte Weiselzellen an, die größer als die üblichen Zellen sind. Die dort abgelegten Eier/ Maden werden mit einem ganz besonderen „Kraftfutter“ (Gelee Royal) versorgt und so entsteht eine neue Majestät. Das Bienenvolk kommt in Schwarmstimmung und unter natürlichen Bedingungen würde die alte Königin jetzt mit einem Teil ihrer Untertanen den Bienenstock verlassen und eine neue Heimat suchen. Eigentlich ein netter Zug, aber ein durchaus abenteuerliches Unterfangen für Bienen und Imker, das Letzterer zu verhindern versucht.

Der Verlauf eines Imkerjahres
Mit den ersten warmen Sonnenstrahlen im Februar/ März steigt die Aktivität des Bienenvolkes und das neue Brutgeschäft beginnt. Der Imker kontrolliert den Bienenbestand, schaut, ob die Fluglöcher frei sind und versucht Mäuse und Vögel vom Bienenvolk fernzuhalten. Darüber hinaus sind Zargen, Böden und Bienenkästen zu reinigen und das Futter zu kontrollieren.
Im April/ Mai steigt das Trachtangebot, der Raps blüht auf den Feldern, die Wiesen färben sich gelb vom Löwenzahn. Der Duft der Obstbaumblüte und viele Frühblüher locken die Bienen in die Vorgärten oder der blühende Raps in die landwirtschaftlichen Flächen. Durch das verstärkte Pollen- und Nektarangebot wächst das Bienenvolk, es braucht mehr Raum. Zur Kirschblüte setzt der Imker einen zweiten Brutraum und Honigräume auf. Regelmäßige Kontrollen beim Bienenvolk sind wichtig, um Vergiftungen, Unterkühlung, Parasiten und dem Verlust der Königin vorzubeugen. Ansonsten sollten die Eingriffe in den Bienenstock jedoch so gering wie möglich gehalten werden, um die Bienen nicht zu stören.
Nach Abschluss der Frühtracht im Mai/ Juni, steht der erste Schleudertermin an. Die Zusammensetzung der Tracht bestimmt den Geschmack des Honigs. Die „Honigzubereitung“ beginnt jedoch weit vor dem Schleuderprozess durch die Bienen selbst. Der durch den Rüssel der Arbeiterin aufgenommene Nektar oder Honigtau wird während des Fluges zum Bienenstock in der Honigblase durch Enzyme in Einfachzucker gespalten und durch Wasserentzug eingedickt. Während der Honigernte werden die Honigwaben entnommen, geschleudert und durch Sieben und Abschäumen von störenden Partikeln gereinigt.
Während der Zeit, in denen das Bienenvolk stark anwächst, also in der Regel von Ende April bis Mitte Juli, ist es eine wichtige Aufgabe, neue Ablegervölker zu begründen und dabei das Schwärmen möglichst zu verhindern. Dazu gibt es sehr unterschiedliche Methoden, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll.
Im Juli erfolgt eine zweite Honigernte. Im Juli/ August stagniert die Entwicklung des Bienenvolkes, das Trachtangebot geht zurück, die Honigräume werden abgenommen und die Winterfütterung beginnt. Alte Waben werden aussortiert bzw. eingeschmolzen. Zusätzlich muss der Imker das Bienenvolk mit Ameisensäure behandeln, um den Befall durch die Varroamilbe zu mindern. Die restlichen Monate des Jahres achtet der Imker auf das Gewicht des Bienenvolkes und passt die Zufütterung an. Die Fluglöcher werden gegen das Eindringen von Mäusen gesichert und die Beuten winter- und sturmfest gemacht.

Dr. Luise Eichhorn

An der Naturherberge Affalter beginnt der „Obst- und Insekten-Erlebnispfad Affalter“, auf dem Sie eine Menge über Streuobstwiesen, Wild- und Honigbienen und andere Insekten erfahren. Noch viel mehr Informationen finden sich in der 64-seitigen Broschüre „Von Äpfeln, Bienen, Hummeln und viel Natur(a)“, die der Landschaftspflegeverband Westerzgebirge herausgegeben hat und die in der Naturherberge erhältlich ist.

Die Herberge bietet auch Kurse zum Imkern mit einem Berufsimker an.
Mehr Informationen zur Naturherberge Affalter finden Sie hier >>

Literatur:
Falls Sie sich näher über das Handwerk des Imkerns informieren möchten oder gar mit dem Gedanken spielen, in dieses interessante „Geschäft“ einzusteigen, im folgenden Ratgeber finden sie die passende Hilfe:
Kaspar Bienefeld (2016): Imkern Schritt für Schritt. Für Einsteiger – alle Arbeiten rund ums Jahr. Franckh Kosmos Verlag, 128 Seiten, 14,99 €

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