„Gelegentlich spricht man von der Bekassine als von einer Himmelsziege. Während der Balzzeit stürzt sich der Hahn aus großer Höhe herab. Dabei werden die 14 äußeren Schwanzfedern einzeln abgespreizt und der Wind ‚harft‘ durch sie hindurch, was ein dem Meckern einer Ziege ähnlichem Geräusch ergibt.
Von der ‚Himmelsziege‘ als Spottname für eine zänkische Frau zu der Bezeichnung ‚alte Schnepfe‘ ist es nicht weit, wurden doch vor allem von Studenten die ‚Damen des horizontalen Gewerbes‘ wegen ihres herausfordernden Hüftschwungs mit dem beim Laufen deutlich wackelnden Hinterteil einer Schnepfe verglichen.“
Ulrich Völkel, „Heimische Tiere. Vögel. Geheimnisvolle Namen, Leben und Mythos“
Ziegen am Himmel? Was für ein Märchen wird uns denn hier erzählt, wird sich so mancher fragen, wenn er die Überschrift dieses Beitrages liest. Aber der Ursprung des Namens, der nicht etwa das Resultat einer besonders ungewöhnlichen Stimme ist, wurde uns im einleitenden Zitat ja schon glaubhaft erklärt. Instrumentallaut nennt man so etwas in der Vogelkunde übrigens. Es gibt also nicht nur begnadete Sänger unter den Vögeln, sondern auch außerordentlich begabte Musikanten.
Die in Anlehnung an die Kuh des kleinen Mannes entstandene Bezeichnung ist etwas aus der Mode gekommen. Nur einige ältere Herrschaften wissen auch heute noch sofort, von wem da die Rede ist und können eher mit dem Begriff Bekassine wenig anfangen, unter dem dieser bemerkenswerte Vogel heutigentags firmiert. So ändern sich die Zeiten.
Aber im Grunde ist es auch eher nebensächlich, unter welchem Namen der kleine Schnepfenvogel seine Kunststücke vorführt, denn er ist bis auf wenige Reliktvorkommen aus dem sächsischen Erzgebirge verschwunden und seine Aufführungen finden kaum noch statt. Ein wenig Aufschluss über die Ursachen gibt uns ein Kurzporträt der Art:
Bei uns von März-Oktober, Kurzstreckenzieher, auch Überwinterungen im Tiefland.
Liebt Hoch- und Flachmoore, Feuchtwiesen, Weiden mit sumpfigen Stellen.
Bodennest, 1 Jahresbrut, 4 Junge , April/Mai.
Ernährt sich von Kleintieren des oberen Bodens wie Schnecken, Regenwürmer usw. (Sondierer), etwas Pflanzenmaterial.
Die Bekassine braucht also feuchte Lebensräume, die ihr die Nahrungssuche im Boden mit ihrem langen Schnabel gestatten und dem stetigen Verlust an solchen Flächen haben wir es hauptsächlich zu verdanken, dass wir sie an den Rand des Aussterbens gebracht haben. Erschwerend kommen jetzt noch die klimatischen Veränderungen hinzu, die sich in den letzten Jahren vermehrt zeigen. Jede Art der Trockenlegung von Feuchtflächen sollte also bei Todesstrafe verboten werden. Leider immer noch nichts weiter als ein schöner Traum, wenn man offenen Auges durch die Landschaft geht, selbst in manchen Schutzgebieten (siehe auch den Link zum Steinberg bei Zschorlau).
Im sächsischen Westerzgebirge ist der liebenswerte Schnepfenvogel schon seit einigen Jahren kein Brutvogel mehr und gibt nur noch zur Zugzeit ab und an ein kurzes Gastspiel.
In Sauersack/ Rolava (siehe auch den Link unten) allerdings schwirrt er einem in der Morgen- und Abenddämmerung noch um die Ohren. Man sieht ihn kaum, nur eine Art wandernden Schatten. Wenn er uns so um den Kopf tanzt, glaubt man zuweilen, dass er uns ein wenig zum Narren halten und mit uns spielen will, trotz all der Schandtaten, die wir ihm antun. Aber eigentlich reicht auch schon dieses eigenartige, meckernde Geräusch schon vollkommen aus, um uns in seinen Bann zu ziehen.
Zum Schutz der Bekassine siehe auch den Beitrag „Die Bekassine – Vom Leisen Verschwinden der ‚Ziege am Himmel'“
Zum Beitrag „Am Steinberg bei Zschorlau – Vom Wandel der Feldflur“
Zum Beitrag „Ein Ausflug nach Sauersack / Rolava“